Ein besonderer Abend

Es ist 21 Uhr, wir sitzen in einer gemütlichen Runde zusammen und unterhalten uns über Weihnachten, Schnee, die Kälte vor der Haustüre und wie wir uns über den ersten Schnee gefreut haben, als sich plötzlich die Haustüre öffnet. Es wird ganz ruhig. Ein großer dunkelhäutiger Mann kommt herein. Eingewickelt in Mantel und Schaal, sein Gesicht ist unter seiner dicken Mütze kaum zu erkennen. Langsam  kommt er auf uns zu, dann spricht er mit freundlicher Stimme: „Hallo. Mein Name ist Richard ich habe vor vielen Jahren auch hier in diesem Haus gewohnt. Damals, als ich ganz frisch aus dem Kongo hier nach Kanada geflüchtet bin“.

Alle atmen etwas auf. „Du hast also auch schon mal hier gewohnt“ sagt einer der am Tisch sitzt. Dann bist du also auch Teil unserer Familie denken sich die meisten und begrüßen den Gast herzlich. „Immer wieder wenn ich an diesem Haus hier vorbei laufe, schaue ich kurz hinein und sage HALLO zu den Menschen die hier wohnen. Und jedes Mal erinnere ich mich daran wie ich vor über 15 Jahren hier meine erste Heimat fand“ sprach Richard mit tiefer Stimme in die Runde. „Immer wenn ich dieses Haus betrete ist es so als würde ich bei meiner Großmutter vorbei schauen“ sagt er weiter und lächelt dabei. „Das Matthew Haus hat mich damals so gut aufgenommen und willkommen geheißen, dass meine Verbindung hier her nach all den Jahren immer noch gut ist“.  Dann blickt er in die Runde und fragt: „ Und ihr, wo kommt ihr so her?“ Wir schauen uns kurz an  bis der erste beginnt „ Ich komme aus Uganda und bin seit 2 Wochen hier in Kanada.“ „Ich komme aus Äthiopien und bin seit einigen Wochen hier.“ Eine junge Frau sagt mit leiser Stimme „Ich bin aus Eritrea und bin auch neu im Land“. „Ich komme aus Pakistan.“ Dann sind wir an der Reihe: „Wir sind aus Deutschland“,  im gleichen Moment sehen wir den ungläubigen Blick in Richards Gesicht geschrieben, bis er sagt: „Ach ja, ihr seid bestimmt die Nacht Manager hier im Haus oder?“ „Ja richtig, das sind wir“ entgegnen wir. Im gleichen Moment denke ich mir: Wie glücklich können wir uns schätzen, das  wir aus einem Land kommen in dem es sicher ist, in dem es uns gut geht und wir alles haben was wir brauchen. Alle an dem besagten Tisch teilen das gleiche Schicksal, sie haben ihre Heimat verlassen weil es die Umstände nicht mehr zuließen dort zu bleiben. Manche haben so gut wie alles aufgegeben um ein Leben mit mehr Gerechtigkeit und Freiheit zu finden.

Und nun sitzen wir alle zusammen an einem Tisch. Tief in mir drinnen denke ich, es ist ein bisschen wie Weihnachten. Diese Menschen kamen als Fremde in ein Land. Sie kannten niemanden und hatten kein Zuhause. Sie fühlten sich am Anfang sicher nicht willkommen, haben dann aber im „Matthew House“ eine Zuflucht gefunden, ja sogar eine kleine Familie. Auch der Vers aus der Bibel, durch den die Gründerin des Hauses vor vielen Jahren inspiriert wurde, als sie das Haus ins Leben rief, passt irgendwie zu diesem Abend:

 Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war ein Fremder, und ihr habt mich aufgenommen;

ich hatte nichts anzuziehen, und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank, und ihr habt euch um mich gekümmert; ich war im Gefängnis, und ihr habt mich besucht.‹

Matthäus 25,35-36

Dazu sind wir mehr den je berufen in diesen Zeiten.

 

Dieses Erlebnis hatten wir während  unserer „Probenacht“ in dem kleinen Flüchtlingsheim in das wir ab Januar ziehen werden. Wie ihr oben schon gelesen habt, werden wir dort als sogenannte „Night Manager“ arbeiten. Was das genau heißt werden wir euch ein anderes Mal berichten.

Liebe Grüße von uns,

Carmen&Manuel

 

Wer noch mehr Infos über das Matthew House möchte ein kurzes Viedeo:

www.matthewhouse.ca

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